The Biggest Loser - nein danke!

The Biggest Loser - leider im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich bin normalerweise niemand, der öffentlich scharfe Kritik übt - schon gar nicht, wenn es innerhalb der selben Branche ist. Aber für die Würde und Gesundheit eines Menschen mache ich sehr gerne eine Ausnahme. Kennen Sie die Sendung "The Biggest Loser"?

Ich habe nur selten eine Sendung gesehen, die übergewichtige Menschen öffentlich so zur Schau stellt, blamiert und menschlich hintergeht wie diese. Es würde mich wirklich interessieren, wer für die medizinisch-wissenschaftlichen Grundlagen Verantwortung trägt. Völlig falsche Methodik, inkompetente Coaches, wertlose Erfolgsdokumentation, keine Nachhaltigkeit, keine Sieger. Dieses TV-Format schafft vielleicht hohe Einschaltquoten, dem Zuschauer vermittelt es jedoch ein völlig falsches Bild vom Abnehmen.

   

Hier die 5 wichtigsten Kritikpunkte.

1. Es gibt hunderte Diätformen, jedoch nur eine Physiologie. Fettverbrennung funktioniert immer nach den gleichen Gesetzen, die biochemischen Prozesse sind bei jedem gleich. "Durch körperliche Schinderei mehr Kalorien zu verbrauchen als einzunehmen" ist Wissen aus den 80er Jahren.

So geht es richtig: Natürliche Ketose (= Fettverbrennung) ist in erster Linie über die richtige Ernährung zu erreichen. Auf die korrekte Ernährung jedoch wird kaum Wert gelegt. Mit moderater Bewegung und 5-6 kohlenhydratarmen und proteinreichen Mahlzeiten lässt sich aber keine reißerische TV Sendung machen.

2. Den Sieger nach der größten Reduktion des Gesamtgewichtes (bzw. in %) zu küren ist falsch. Das Gesamtgewicht ist immer zweitrangig, denn nur die Zusammensetzung (Muskel, Fett, Wasser, Proteine etc.) zählt. In so einer Challenge sollte der Sieger nur jemand sein, der/die das meiste Fett verliert. 

So geht es richtig: Die Messung mittels einer normalen Waage ist wertlos und entspricht nicht dem Stand moderner Diätologie. Um klare Erfolge messen zu können, bedarf es einer Bioelektrischen Impedanzanalyse (BIA). Im Volksmund auch als Fettwaage bekannt, zeigt diese die tatsächliche Körperzusammensetzung an. Der Sieger sollte nach reinem Fettverlust (bzw. in %) auserkoren werden. Nur als Beispiel, baut ein Teilnehmer 1kg Muskelmasse auf und verliert zugleich 2kg Körperfett, so bleibt sein Gesamtgewicht etwa gleich - und fliegt nach den gängigen Regeln aus dem Wettbewerb raus, obwohl er ordentlich Fett abgenommen hat. Für die Gesundheit maßgeblich ist zudem das viszerale Fett, das über "gesund oder krank" entscheidet.

3. Der Großteil der Teilnehmer sind nach 6 Jahren genauso schwer, manche sogar schwerer als vor der Show. Dazu gibt es bereits mehrere publizierte wissenschaftliche Studien. Zahlreiche frühere Teilnehmer übten ebenfalls scharfe Kritik an der Sendung, viele sahen im Anschluss ihren einzigen Ausweg in chirurgischen Eingriffen wie Magenband oder Magenverkleinerung. 

So geht es richtig: Der Jojo-Effekt ist der größte Feind jeder Diät. Dabei lässt sich dieser so leicht im Zaum halten. Hunger wird durch Proteine gestillt. Jeder Mensch hat eine Protein-Sättigungs-Schwelle. Wird diese erreicht, erlisch das (Heiß-)Hungergefühl. Proteinarme Ernährung wiederum bringt es mit sich, dass bis zur Proteinsättigung mehr Kohlenhydrate und Fette aufgenommen werden, was in dieser Kombination zur typischen Gewichtszunahme führt. Proteinreiche Ernährung (30-50g mehr Proteine pro Tag) wirken jedem Jojo-Effekt entgegen. Diese Tatsache wurde bereits in mehreren Studien belegt.

4. Kann man 21kg pro Woche verlieren? Die ersten Messungen der Kandidaten nach einer Woche zeigen unglaubliche Erfolgszahlen. 17-21kg werden als Abnehmerfolg ausgewiesen. Das ist reiner TV-Unfug und physiologisch gar nicht möglich. Rechnen wir mal nach: 

Wäre dies reiner Fettverlust, dann entsprechen 21.000 Gramm Fett 195.300 kCal. Pro Tag müssten also 27.900 kCal verbrannt werden (1g Fett = 9,3 kCal). Zum Vergleich, der Olympiasieger im Gewichtheben Matthias Steiner hat in seiner Olympiavorbereitung bis zu 8.000 kCal pro Tag verbraucht. Spitzentennisspieler verbrauchen an intensiven Trainingstagen um die 6.000 kCal. Dass untrainierte Personen der Sendung über sieben Tage die dreifache Leistung eines Olympiasiegers bringen, kann ich mir bei allergrößter Phantasie nicht vorstellen. Denn das ist medizinisch / physiologisch gar nicht möglich.  

So geht es richtig: Bei einer korrekten Diät ist die Erhaltung der Muskelmasse das oberste Gebot. Bei richtiger Einleitung der Ketose über die Ernährung setzt die Fettverbrennung nach 3-4 Tagen ein. Diese Stoffwechselumstellung (= der Überwindung der Ketoschwelle) ist sehr sensibel, da der Körper einen temporären Energiemangel erleidet. Er bekommt mit der Nahrung zu wenig Kohlenhydrate und bildet (noch) zu wenig Ketonkörper. Wenn man in dieser Zeit zusätzlich Sport betreibt, muss sich der Körper selbst mit zusätzlicher Energie aushelfen. In solchen Krisensituationen kurbelt der Körper die Gluconeogenese an. Bei diesem biochemischen Prozess wird Glucose für nötige Energie gebildet - aus Glycerin und bestimmten Aminosäuren. Um diese Aminosäuren zu gewinnen wird der eigene Muskel zerstört. Dieser Mechanismus führt zum besagten Muskelverlust. Deshalb bekommen unsere Klienten in der ersten Umstellungswoche im Gegensatz zu den TBL Kandidaten Sportverbot.

5. In der Show werden weder Ursachen bekämpft noch wird eine ausreichende Nachbetreuung der Kandidaten gesichert.

So geht es richtig: Auch wenn das Wunschgewicht erreicht wird, sollte man Abnehmkandidaten weiter betreuen. Bei uns werden regelmäßige BIA Kontrollen durchgeführt und die Klienten immer wieder zu den Themen Bewegung und Ernährung gecoacht. 

The Biggest Loser hat weder eine Nachahmwirkung (wer will sich schon täglich so schinden), noch zeigt es dem Zuschauer einen sinnvollen Weg, wie Abnehmen richtig funktioniert. Es stellt lediglich übergewichtige Menschen bloß, die es in dieser Weise nicht verdienen.   

Tolle Ergebnisse feiern wir in unserem Klienten ebenfalls laufend. Jedoch ohne solche körperliche Schinderei, ohne Hunger und sogar ohne übermäßigen Sport. Science matters...